BACKSTEINE bunt, krumm und schief

In der Mitte des Bildes ist ein Pfeiler zu sehen.

Er verstärkt ein Mauerwerk in diesen Fall in einer Gartenmauer - 1992 aufgesetzt - Die Mauer ist zu nichts nutz außer das Auge des Betrachters einzufangen. So ein Pfeiler bietet sich an, um hierin allerlei Zierrat oder Spielerei mit den Backsteinen zu veranstalten.

Notwendig dafür sind verschiedene Farben, also auch hart gebrannte verbogenen Steine, die normalerweise von einem deutschen Mauermann weggeschmissen werden, oder allenfalls als Verstärkung in den Beton geworfen, wo man das Elend, bzw. diese Ausgeburten von KRUMM, SCHIEF und BUNT nicht sehen kann. Diese Backsteine eignen sich nicht für Ebenmaß, Richtschnur und Wasserwaage, dabei findet man hier die vielfältigsten Farben. Man bekommt sie als Klasse III oder Ausschußware für den halben Preis im Vergleich zu gleichförmigen und gleichfarbigen industriell hergestellten Backsteinen.

Ein hier ausgebildeter (richtig deutscher)  Mauermann ist für diese Arbeit nicht zu gebrauchen.

Als die Mauer fertig war wurde sie von Mauerleuten aus der Nachbarschaft begutachtet und als Schande für ihre Zunft betrachtet und zu sofortigem  Abriss freigegeben, wenn man das zugehörige Haus geschenkt bekäme.


Die Geschichte der Gartenmauer.

hat damit zu tun, daß in der Marsch die Bäume rasch in den Himmel wachsen. Eine von unseren Vorbesitzern gepflanzte Kiefern"Hecke" wuchs trotz jährlich zu Weihnachten abgesägter Spitzen so hoch, daß sie das Tages-Licht im Haus verschluckte und keinen Lärmschutz zur Straße bot. Außerdem meinen wir, daß Tannen ins Gebirge gehören, bzw. in Norddeutschland nix zu suchen haben. Halb Amrum, wo wir zu Hause sind, ist damit verschandelt. Nur weil Erenäus Ganz, Relikt aus der Nazizeit, Gott hab ihn selig, in überkommener  Arbeitsdienstmanier in den 50ziger Jahren ein Arbeitsbeschaffungsprogram für arbeitslose Menschen vom Land Schleswig/Holstein finanziert bekam, bzw. nicht aufhören konnte, Tannen in ReihundGlied pflanzen zu lassen.

Um die Tannen los zu werden, versprach ich meiner Frau, nachdem es am Haus nichts mehr zu bauen gab, eine Mauer zu bauen, die doch keine Mauer ist.

Nachdem ich beim Garagenbau mit einheimischen Mauerleuten regelmäßig jeden Abend phantasieloses Mauerwerk wieder abreißen lassen mußte bzw. große Schwierigkeiten hatte, langweiliges einfarbiges, lotrechtes Mauer-Werk zu vermeiden,  dann trotz Verbot von Richt-Schnur, Wasserwage und vor allem Zentimetermaß in meiner Abwesenheit doch wieder millimeter genaue langweilige Mauern produziert wurden, wußte ich, daß ich meine Vorstellungen nur mit meinem Freund Peter und seinen beiden polnischen Angestellten, den Mauerleuten Cäsar und Marek verwirklichen konnte.

 

Das südliche Ende der Mauer schließt mit ein unten klotzigen Pfeiler ab, der sich im oberen Drittel verjüngt, so daß er hier in die Mauer einmündet. Das Fach wird von einem kleinen verwunschenem zugemauertem - quasi verschlossenem Rundbogenfenster dominiert. In der Rollschicht finden viele krumme bunte Ziegel ihren Platz.

Nur im Winter, wenn das Laub von den Bäumen gefallen ist, kann man die ganze Mauer sehen. Als erstes haben ich den Mauerleuten die Richtschur weggenommen, um eine nach oben bogige Form zu erhalten.

Der Anfang des Bauwerks zeigt noch eine erste vorsichtige Annäherung an freie Formen neudeutscher Art: Die Fugen laufen noch durch, variiert wird nur Längs und Hoch. Eigentlich sind nur die Farben frei durchmischt. Dieser langweilige Start zeigte mir, daß ich immer dabei sein mußte. Erst nach einigen Tagen haben Cäsar und Marek meine Vorstellungen von Linien, Form und Farben verstanden.

 

Im nächsten Fach wird die Horizontale durch ein vertikales Muster unterbrochen, umrahmt von einem Dachartigen horizontalem Ziegelwerk. Schwarze, gelbe und rote Steine nach dem Zufallsprinzip gemischt. Es entsteht ein Bild in der Mauer, das viele Assoziationen ermöglicht: Hut, Haus, Berg oder Welle über einer (Sand)Bank? Darunter ein durchlaufender Sockel. Über dem Bild laufen die Gänge nach oben ansteigend. Rechts oben unterbricht dann eine Treppe ihren Lauf.

Zum Eckpunkt ansteigender Verlauf der Mauer. Nach oben ist sie mit einem gleichförmigen Dach abgeschlossen. Unterbrochen wird sie von Pfeilern, die so etwas wie Hüte haben.

 

 

Verbindung bzw. Anpassung der Form der Mauer zum ein Jahr zuvor gebauten Wintergarten, der einen ähnlich welligen Abschluß gefunden hat. Die Notwendigkeit von Lüftungslucken nach oben erforderte die Zweidachform des Wintergarten.